parallax view

2010  //  bonn  //  sierre

cocoondance

komposition ritzenhoff

 


// Uraufführung: 7. Mai 2010, Les Halles, Sierre (CH)

 

// Deutsche Erstaufführung: 14. Mai 2010, Theater im Ballsaal, Bonn

 

// In Koproduktion mit Theater im Ballsaal, Bonn / Les Halles, Sierre / O Espaço do Tempo, Montemor-o-Novo, Fabrik Heeder Krefeld / LOFFT Leipzig

 

 

 

Nichts ist, wie es scheint! Das verschwörerische und spekulative Moment erscheint als dominierende kulturelle Kategorie des digitalen Zeitalters. Vertrauen und Verdacht sind Gegenspieler im Widerstreit von Realität und Fiktion, einem Kampf, in dem sich das Eine vom Anderen nicht länger unterscheiden lässt. In den politischen und kulturellen Auseinandersetzungen unseres medial geprägten Lebens sind wir alle zu Mitspielern in einem wachsenden Reich der Verschwörung geworden. Aber sehnen wir uns nicht auch nach der flüchtigen Laune des Verschwörerischen? Geben wir uns nicht lustvoll unserem Drang hin, im Fantastischen den Sinn für das Unerklärliche zu suchen, den Zufall als Fügung zu betrachten, und so mit Hilfe des Narrativen, Welt zu begreifen? CocoonDance spürt das konstruktive Moment hinter den paranoiden Manifestationen auf und entdeckt dabei im Phänomen der Konspiration eine gleichermaßen kreative wie poetische Strategie des Erzählens.

 

VON UND MIT

 

Volkhard Samuel Guist, Martin Inthamoussú, Athanasia Kanellopoulou, Vicky Perez, Raquel Torrejón /// Choreografie und Inszenierung: Rafaële Giovanola /// Musik: Jörg Ritzenhoff /// Video: Bruno Perosa /// Text: Bastian Fournier /// Kostüme: Sabine Schnetz /// Lichtgestaltung: Marc Brodeur /// Dramaturgie und Konzept: Rainald Endraß

 

PRESSESTIMMEN

 

 

 

"Die meisterhafte Dramaturgie treibt uns tief hinein in die Antriebsmaschinerie der Verschwörungstheorien, die Fantasie reißt uns mit sich auf der Suche nach den fehlenden Teilen des Puzzles. Das Publikum versucht die Wirklichkeit der Aufführung, die sich vor seinem Auge abrollt zu erfassen, umso mehr, es sich seinem Blick entzieht. Ganz allmählich lassen das Bühnenbild und das klug durchdachte Konzept Raum für den Tanz. (…) Die Körper sind ständig an deren Grenzen ihrer körperlichen Möglichkeiten, zwischen Fallen und Springen. Ohne Unterbrechung, treibt eine Bewegung die nächste aus einem permanenten Ungleichgewicht hervor, was eine rohe und eindringliche Ästhetik freisetzt, mit der die Form ihren Stellenwert verloren hat. Eine Ästhetik, die sich heutzutage in Belgien und in Deutschland verbreitet. Mann, Frau? Das ist egal, jeder Körper verfügt über das gleiche virtuose Können. Das Vergnügen an der Bewegung steht im Vordergrund. In dem Augenblick, wo man sich zu fragen beginnt, wo die Verschwörung geblieben ist, klärt uns ein kleiner Satz von Bastien Fournier über die Bedeutung der Körper auf, bevor er hinterlistig hinzusetzt, dass« die Theorie mehr Verknüpfungen schafft als Informationen. » Habe ich mich gerade dabei selbst ertappt, mir Beziehungen vorzustellen, die nicht existieren? Ein Mysterium schwebt über »The Parallax View." (Marie Parvex, www.valais-mag.ch - Le journal culturel valaisan)

 

 

 

"Das Theater ist eine Wahrnehmungsmaschine, die immer neue Sichtweisen auf die Realität produziert. Sichtweisen, die im Idealfall unseren Blick auf das Vertraute unterwandern und in Frage stellen. Oder uns in fremde Welten katapultieren. Wie vertraut oder fremd das Gesehene ist, hängt vom Standort des Sehenden, vom Objekt und seinem Hintergrund ab. Parallaxe nennt sich das. (…) »The Parallax View« von Choreografin Rafaële Giovanola und Dramaturg Rainer Endraß jazzt zu Beginn die medialen Bedeutungsebenen gleich richtig hoch. (…) Was da zum Vorschein kommt, ist eine radikale Beziehungsanalyse, von Volkhard Samuel Guist, Athanasia Kanellopoulou, Martin Inthamoussú und Victoria Perez phänomenal interpretiert. Annäherungen, Berührungsunfähigkeit, Verschmelzungen, Körper bäumen sich auf und fallen nieder, alles mit ungeheurer Intensität getanzt. (…) »The Parallax View«, das seine Uraufführung im schweizerischen Sierre erlebte, wirkt etwas überfrachtet. Der Verweis auf Verschwörungstheorien, digitale Medien, auf Realität und Fiktion kommen als romantischer Aufputz der seit Platon bekannten und in der Postmoderne forcierten Erkenntnis daher, dass Realität immer auch eine Frage der Interpretation ist." (Hans-Christoph Zimmermann, General-Anzeiger, Bonn)

 

 

 

"Mit ihren fünf Tänzerinnen - und Tänzern macht also die Choreographie von Cocoon-Dance-Chefin Rafaële Giovanola ein X für ein U. Man darf es aber mit Erkenntnisgewinn durchschauen. Das geht ungefähr so, wie drinnen ist draußen und heute war gestern, das ganze wird witzig umgesetzt. (…) Wie das mit den Verschwörungstheorien so geht; keiner weiß was Genaues, außer dass Giovanola sich für Athanasia Kanellopoulou, Vicky Perez, Raquel Torrejón, Volkhard Samuel Guist und Martin Inthamoussu kraftvolle Tanzbilder hat einfallen lassen." (Heinz-Dieter Terschüren, Bonner Rundschau)

 

 

 

"Parallaxe heißt das Phänomen, wenn ein Betrachter glaubt, das wahr genommene Objekt verschiebe sich, obwohl in Wahrheit er selbst seine Po sition verändert hat - eine Art opti sche Täuschung also. So zeigt «The Parallax View» den Verschwörungs theoretiker als eine Art «psychischen Geisterfahrer» - einer, der alle ande ren für Geisterfahrer hält und gar nicht merkt, dass er es ist, der in die falsche Richtung fährt. «Alles hängt vom Lo cus observandi ab», kommentiert bes serwisserisch eine Leuchtschrift über der Bühne das Geschehen. Die Sinn konstruktion, so legt die offene Struk tur der Choreografie nahe, soll der Zu schauer leisten. Was aber, wenn da gar nichts ist?" (Nicole Strecker, tanz AUGUST/SEPTEMBER 2011)