„MAMPF!“

2012  // düsseldorf  //  tanzhaus nrw

barbara fuchs

komposition ritzenhoff

 


Eine Tanz- und Klangperformance für alle von 0 – 4 von tanzfuchs PRODUKTION/Barbara Fuchs (DE)

Tanzende Teller, ein Schluckauf, der zum Fuß wandert, geschwätziges Geschirr, ein delikater Eiertanz: Nach dem großen Erfolg des Stücks „Kopffüßler“ befasst sich das Team um die Kölner Choreografin Barbara Fuchs jetzt mit dem Thema „Essen und dessen Ritualen“. Die Akteure bitten zu Tisch. Gemeinsam mit ihrem Publikum wird geschluckt, geschnuppert, genossen, verzehrt, geknabbert, gelauscht und verdaut. „MAMPF!“ ist gleichzeitig ein Ess-Konzert! Live produzierte Klänge über Mikrophone fließen mit vorproduzierten Klangebenen ineinander. Ein experimenteller und respektvoller Umgang mit Essen und Trinken wird zu einer Sinneserfahrung der besonderen Art. Die Kinder werden am Ende der Aufführung  zu einer intensiven Erforschung des Bühnenraumes und Erkundung der Geschmacksobjekte eingeladen.

 

Melanie Suchy, Rheinische Post (Düsseldorf) 18. 09. 2012 –Kurzkritik
Mampftanz für die Allerkleinsten


Im Tanzhaus NRW an der Erkrather Straße hatte ein neues Stück für ganz kleine Zuschauer Premiere: „Mampf!“ der Kölner Choreographin Barbara Fuchs. Ihre bewährten Tänzerinnen Odile Foehl und Emily Welther haben einander und die Kinder immer im freundlichen Blick, was für die Altersgruppe wichtig ist, damit sich jeder gut aufgehoben fühlt in der fremden Umgebung.
Die besteht aus einem riesigen Tischtuch, Tellern und Besteck am Boden in der Mitte zweier Publikumsreihen. Am Ende des fingierten Tisches schält die Choreographin Karotten, backt Waffeln und regelt die Lautstärke von Jörg Ritzenhoffs Muntermusik. Einmal schmatzt sie in ihr Mikrophon und gibt den Tänzerinnen Takt und Bewegungsart vor: schnell und schnittig mit den Knochen zu zucken oder bananig sich zu krümmen. Mampftanz.
Schön ist es, wenn die Dinge selbst Klang machen, fast Musik: Die Tänzerinnen lassen Löffel fallen, raffen sie zusammen, verteilen sie wieder am Boden. Ein vielfältiges, halb geordnetes Kling-Kläng-Klöng entsteht. Tanz? Die zwei bewegen sich behände in der Hocke, verhaken sich und rollen umher, schieben Teller und Eier bruchlos mit den Zehen weg und schwingen und rutschen auf der schließlich mehlbestäubten Spielfläche elegant auf Knien.
Die Kinder sehen gespannt zu, wundern sich auch. Das ist gut. „Mampf!“ ist keine pädagogische Demonstration, sondern  künstlerische Freiheit. Guten Appetit!


Dorothea Marcus, akT, die Theaterzeitung – Oktober 2012
Süsser Eiertanz
Barbara Fuchs hatte mit „Mampf!“, einer Tanz- und Klangperformance für Kinder von 0-4 Jahren Uraufführung – und besticht mit einer schönen Grundidee, die aber tänzerisch und musikalisch noch üppiger werden könnte.

So sieht es eigentlich auch bei einem Kindergeburtstag aus: Die Bühne zwischen zwei Zuschauerreihen ist ein langgestrecktes, rosa-gestreiftes Tischtuch mit rund 30 Tellern und Löffeln. Auf einigen liegt ein Ei, auf anderen steht eine Papiertüte. Wie Tanz sieht es eigentlich nicht aus, wenn die Performerin/Tänzerin Emily Welther die Tüte öffnet und die weißen Kristalle zischend auf den Teller rieseln lässt und mit einer großen Zunge hindurchfährt. Hmmmm… lecker. Mit dieser verbotenen Erfahrung können sich wohl alle anwesenden Kleinkinder identifizieren. Weiter geht’s mit klackend aufgeschlagenen Eiern, stäubendem Mehl, und zwischendurch hoppelt Welther mit der zweiten Tänzerin Odile Foehl in blau-weiß gepunkteten (Strampel-)Anzügen auf allen Vieren raumgreifend und elegant über den Tisch, setzt sich immer wieder ganz nah an die kleinen Zuschauer, manscht nach Herzenslust herum. In einen Waffelteig gebracht werden die Zutaten von Barbara Fuchs selbst, der Choreografin, die weit am Tischende alles im Blick behält und stoisch wie eine Buddha-Figur an, ihrem Tisch hockt. Sie bäckt köstlich riechende Waffeln, kräckt mit Knäckebrot, knabbert Möhren ins Mikro, schmatzt laut hinein, fährt die tropfend-melodiöse Musik-Komposition von Jörg Ritzenhoff ab – und lässt sie, gemischt mit eigenen Ess-Geräuschen, immer wieder zu einer rhythmischen Klangperformance anschwellen. Die beiden Tänzerinnen könnten sich dazu ruhig noch viel mehr bewegen. Schön wird es immer dann, wenn auf der Tisch-Bühne so richtig etwas passiert. Wenn sich die beiden ineinander verhaken und zu zweit über den Tisch rollen, als seien sie ein Riesen-Ungetüm, dabei klirrend und elegant Teller und Eier wegschieben, sich zart mit Mündern, Zehen, Hälsen die Eier weiterreichen. Wenn sie die Löffel selbst zu Instrumenten machen, mit ihnen auf den Boden klopfen, sie tanzen lassen, sie klappernd durch die Luft schwingen. Oder aber, wie in der letzten Szene, die ganze Bühne mit Mehl-Figuren bemalen und tänzerisch Rutschbahn und Fangen darauf spielen. Spätestens da ist bei den Kleinen auch kein Halten mehr, und sie möchten kräftig mitmischen in der Matschepampe. Aber erst einmal gibt es für jeden eine Waffel – oder wahlweise ein Knäckebrot mit Möhre. Die halbstündige Aufführung hat zwar eine äußerst sinnliche und charmante Grundidee. Sie holt Kleinkinder direkt in ihrer Lebenswelt ab, nimmt ihre Wahrnehmungen und Bewegungen, ihre Mimik und Gestik tänzerisch verfremdet wieder auf, sodass sie sich darin wiedererkennen. Dennoch sind viele Szenen zu lang (etwa die klirrende Löffel-Szene), zu kontemplativ, die Aufmerksamkeit der Kleinen lässt schnell nach. Auf der Bühne könnte ruhig mehr passieren – das Potential dazu haben sowohl Choreografie und die beiden Tänzerinnen.